JIVAKA: Erkrankung als Weg sehen

Buddhistische Krankenbegleitung – ein neues Angebot des Mobilen Hospizes der ÖBR

Aufgabe dieses neu ins Mobile Hospiz der ÖBR aufgenommenen Angebotes ist es, erkrankte buddhistische Praktizierende und andere Kranke mit Interessen an der Lehre des Buddha spezifisch buddhistisch spirituell zu unterstützen; ­sowohl in stationären Einrichtungen als auch mobil. Dies stellt gleichsam die buddhistische Version der Kranken(haus)seelsorge in anderen Religionsgemeinschaften dar.

Praktizierende BuddhistInnen als Begleiter
Die in diesem neuen Bereich tätigen Ehrenamtlichen werden ein kleines Team aus Buddhist­Innen verschiedener Traditionen mit solidem Hintergrund in der Theorie der Lehre Buddhas ­sowie längerer und regelmäßiger eigener Praxiserfahrung bilden. Sie werden möglichst traditions­spezifisch begleiten, um Erkrankte auch bei deren eigener Praxis besser unterstützen zu können.

Krankheit als Teil des Praxisweges
Denn viele, wenn nicht alle buddhistischen Traditionen betonen, dass man Lebenskrisen, wie Erkrankung, nicht als lästige Hindernisse, sondern als Lehrer auf dem Weg zur Erleuchtung sehen und nützen soll. Das beginnt beim Üben von Geduld (einer der Sechs Überweltlichen Tugenden) und reicht bis zum Streben danach, Erleuchtung zu erlangen, um das Leiden aller fühlenden Wesen lindern zu können. Darüber hinaus gibt es auf Basis der buddhistischen Lehren eine ganze Reihe von sogenannten „Geschickten Mitteln“, die den Umgang mit körperlichem, aber auch spirituellem Schmerz, dem Verlust der Selbstständigkeit und anderen krankheitsbedingt auftretenden Schwierigkeiten lindern helfen können.

Eine Erkrankung hat viele Aspekte, z. B. als Verlusterlebnis durch (eventuell sogar dauerhafte) Einschränkung der Gesundheit, Unabhängigkeit und Selbstbestimmtheit, im Sinne aufkommender Ängste (vor Schmerzen, dauerhaften Schäden, daraus drohendem Job-Verlust etc.), ja eventuell sogar als das Entstehen von Vorwürfen, man sei an seiner Krankheit selber schuld. Buddhistische Praktizierende werden Erkrankung wohl überdies im Zusammenhang mit Unbeständigkeit und Leidhaftigkeit, Anhaften und Ablehnen, dem Entstehen in Abhängigkeit und Karma, dem Gesetz von Ursache und Wirkung, betrachten.

Liebe und Mitgefühl als Basis
Die Basis buddhistischer Begleitung, egal in welcher Krisensituation, stellen Liebende Güte und Aktives Mitgefühl dar. Dazu schreibt der tibetische Lama Tulku Thondup: „Wenn wir Kranken oder Sterbenden beistehen, sollten wir ehrlich, offen und natürlich im Umgang mit ihnen sein. Am wichtigsten ist es herauszufinden, was dem oder der Betroffenen nottut, und ihm oder ihr nicht die eigenen Ansichten und Empfindungen aufzuzwingen. Kranke und Sterbende müssen sich selbst, ihre Sorgen und Ängste, zum Ausdruck bringen können. Ihnen einfach nur liebevoll und bereitwillig zur Seite zu stehen, kann ein wunderbarer Trost sein.“

Wurzeln bei Buddha Shakyamuni
Die Beziehung zwischen Buddhismus und Krankheit ist eine sehr enge und alte. Denn nach der traditionellen Lebensgeschichte Buddha Shakya­munis war der Anblick eines kranken Mannes bei der ersten seiner vier Ausfahrten aus dem „goldenen Käfig“ seines Palastlebens eines der Ereignisse, die dem jungen Prinzen die Augen in Bezug auf das Problem des Leidens öffneten und ihn zum Aufbruch zu seiner spirituellen Suche inspirierten. Die später in seiner ersten Lehrrede dargelegten Vier Edlen Wahrheiten stellen einen Schlüssel zur grundlegenden Bedeutung des Heilens im Buddhismus dar, indem sie aufzeigen, dass jemand, der nicht erleuchtet ist, per definitionem als „krank“ anzusehen und der Weg zur Erleuchtung daher auch der zu Heilung ist. Insofern macht der Buddhismus sehr wenig Unterschied zwischen der Erkrankung des Körpers und des Geistes, und auch der alte Kanon der Tibetischen Medizin, die „Vier Tantras“, legt dar, dass alle Krankheit das Resultat des Anhaftens am Selbst ist.

Heilung von Körper und Geist
Der Buddha hat auch betont, es sei blanke Unwissenheit, zu behaupten, der eigenen Körper sei auch nur für einen Augenblick gesund, denn in diesem sich immerwährend verändernden Phänomen „Leib“ stimmt ja dauernd irgendetwas nicht so ganz. Und bereits in den allerfrühesten ­buddhistischen Schriften wird betont, man solle sich fünf Lebenstatsachen vor Augen halten, denen jeder Mensch unterworfen ist: Alter, Krankheit, Sterben, Trennung von Liebem und Karma.
Später, im Mahayana, finden sich Hinweise auf die Verbindung zwischen den Lehren und Heilung, wobei als entsprechende Personifizierungen die verschiedenen heilenden Buddhas und Bodhisattvas in vielen Sutras erwähnt werden. Auch andere bedeutende buddhistische Meister und Kommentatoren wie Shantideva nehmen auf diese Texte Bezug. Ebenso hat auch der ­Buddha selbst für Kranke geeignete und hilfreiche Unterweisungen gelehrt, auf die Begleitende sich beziehen können. Aus all diesen Gründen wird er in den traditionellen Schriften auch als „Großer Arzt“ oder „Höchster Heiler“ bezeichnet. ||

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